Einerlei & Allerlei

Auch wegen Corona: Les Deux Dienstbach macht zu

"Ein sehr empfehlenswertes, wenngleich kostspieliges Vergnügen bietet das Restaurant Les Deux Dienstbach in der Unteren Albrechtstraße. Französische bzw. bretonische Küche, präsentiert von zwei Schwestern, ein einladendes Ambiente und freundliches Personal. Unbedingt reservieren!" So steht es weiter unten in meinen Restaurantempfelkungen. Für Les Deux Dienstbach ist jedoch jetzt – nach der Corona-bedingten Schließung und der fortdauernden Unsicherheit – Schluss, wie die Zwillingsschwestern Nathalie und Jennifer Dienstbach ankündigen. Am 22. Mai wird nochmals geöffnet, am 26. Juni wird das Lokal endgültig geschlossen. Mit einer neuen Idee – Les deux Dienstbach en route: einem Bring- und Abholservice – will man einen Neuanfang wagen.  Bonne chance!

Wiesbaden im 75. Jahr der Befreiung des KZ Auschwitz

Am 23. Januar 1945 wurde das Vernichtungslager Auschwitz befreit. Am 23. Januar 2020 lehnte der Ortsbeirat Nordost der Landeshauptstadt Wiesbaden die Umbenennung der Pfitznerstraße ab.

Der Komponist Hans Pfitzner war glühender Hitleranhänger und verherrlichte die Judenverfolgung, auch noch in den Jahren 1945 bis 1949, dem Jahr seines Todes.

Die Ortsbeiratsmehrheit des eher noblen Stadtteils – CDU und FDP – lehnte jetzt einen Antrag des Wiesbadener Kulturbeirats auf Umbenennung ab. Die sich so äußernde Gesinnung und Dummheit will ich hier nicht debattieren – sie war auch schon vor Jahren anlässlich der (ebenfalls gescheiterten) Umbenennung einer nach einem antisemitischen „Heimatdichter“ benannten Schule(!) im Stadtteil Naurod offenbar geworden.

Was mich heute wirklich ankotzt, ist die an die deutsche Buchhaltermentalität der Nazis erinnernde wohlfeile und „bürgernahe“ Begründung der Antragsablehnung durch die beiden Parteien. Insbesondere die derzeit auch anderweitig weit nach rechts schielende FDP tut sich hervor. Zum einen werden „Unannehmlichkeiten“ für Anwohner (Beantragung neuer Ausweise; ich ergänze: der Postler blickt nicht mehr durch?, neue Straßenschilder kosten Geld?, kapiert das mein Navi?) ins Feld geführt. Zum anderen: Straßennamen seien Teil der Stadtgeschichte. Ich frage: An denen man deshalb festhalten muss? Und besonders dummdeutsch und infam der FDP-Kleingeist Norman Gabler:  Nur durch die öffentliche Debatte um die Umbenennung sei Pfitzners Gesinnung überhaupt ruchbar geworden! Passt doch: Das Gedenken und die Feierlichkeiten um die Auschwitz-Befreiung durch die Rote Armee spülen die Schandtaten erst wieder nach oben … an die Oberfläche der wieder dicker werdenden braunen Jetzt-ist’s-genug-Brühe? Ekelhaft. Schämt euch. Erklärt es euren Kindern oder Enkeln – und den wenigen jüdischen Bürgern der Stadt!

Es sei noch erwähnt: CDU und FDP wollen nun an die Straßenschilder „Pfitznerstraße“ zusätzliche kleine Hinweisschilder anbringen, die auf die „Gesinnung“ des Namensgebers verweisen. – Aber bitte nicht zu drastisch. Könnte verstörend wirken.

 

Caligari: Ein Kino als Schmuckstück


Ein schmuckes Kleinod der Landeshauptstadt, nahe Marktkirche und Rathaus: das kommunale Kino Caligari. Das prächtige Innere des Kinosaals und das anspruchsvolle (auch durch international renommierte Festivals bestückte und bekannte)  Programm sind immer wieder einen Besuch wert.

Auch die beiden von uns zuletzt gesehenen neuen Filme seien jedem Kinogänger, egal wo, empfohlen: Lara (Regie: Jan-Ole Gerster) mit der wunderbaren Corinna Harfouch in der Hauptrolle sowie A Dog called Money (Regie: Seamus Murphy), der in meinen  Augen mehr ist als eine Doku rund um das "Demolition-Projekt" der fantastischen Künstlerin PJ Harvey.


Fundstück: Finde den Fehler

… Simone Henriette Charlotte Kaminker wurde in einer ungerechten Welt auf der Seite der Reichen geboren, auf der Seite der Sieger in einem Land der Besiegten. Wäre ihr Leben ein Film, so würden die beiden ersten Jahre den Vorspann bilden. Man sähe ein gesundes, sauberes und gut genährtes Kind, das eine ängstliche Mutter an einem Tag des Jahres 1921 in einem teuren Kinderwagen durch die mit verstörten Passanten und hungrigen Kindern bevölkerten Straßen von Wiesbaden, einem kleinen Ort im Rheinland, spazieren fährt. (…) Georgette Kaminker war keine von denen, die schamlos von den Privilegien profitierten, die das Schicksal ihnen in den Schoß gelegt hatte. Diese junge Mutter schämte sich, Fleisch und Milch für ihre Tochter kaufen zu können, während deutsche Kinder Hunger leiden mussten. Sie schämte sich, gut gekleidet zu sein und in einem beschlagnahmten Haus zu wohnen. Sie haßte die Aufgabe, die man ihrem Mann anvertraut hatte, und war wütend auf ihn, daß er sie angenommen hatte. (…) Übrigens war André Kaminker auf eine Art Jude, wie andere bretonische Vorfahren haben. Er zog es vor, nicht daran zu denken. Als Sohn eines polnischen Juden und einer österreichischen Jüdin wollte er vor allem Franzose sein. Er hatte drei Jahre Militärdienst und vier Jahre Kriegsdienst in der französischen Armee geleistet. Er war der Meinung, genug dafür bezahlt zu haben, daß er der guten Gesellschaft angehören durfte, ohne unangenehme Fragen über seine Herkunft beantworten zu müssen. Man sollte ihn damit in Ruhe lassen. …

(Catherine David: Simone Signoret – Geteilte Erinnerungen, Goldmann 1991)

 

Originalität in drei Preisklassen

Ein sehr empfehlenswertes, wenngleich kostspieliges Vergnügen bietet das Restaurant Les Deux Dienstbach in der Unteren Albrechtstraße. Französische bzw. bretonische Küche, präsentiert von zwei Schwestern, ein einladendes Ambiente und freundliches Personal. Unbedingt reservieren! Mit dem Saz in der Taunusstraße gibt es endlich ein gutes türkisches Restaurant in der Stadt – jenseits aller Döner- und Kebab-Buden. Vielfältiges Angebot, anatolische Küche, unbedingt der Weinempfehlung des netten gesprächigen Wirts folgen. Im Schoppenhof am Sedanplatz (Weißenburger Straße) werden Freunde und Freundinnen hessischer Spezialitäten nun auch in der Stadt, nicht nur in den ländlichen Vororten fündig. Eine Apfelwein-Ebbelwoi-Äppler-Kneipe mit langen Tischen (im Sommer auch draußen), netten Leuten, gemütlich. Reelle Preise. Hier kann man auch „nur“ einen Schoppen zu sich nehmen. Gut besucht, Anruf empfehlenswert.