Die Bretagne am Cap Fréhel und an der Granit Rose

Beg Léguer 2022

Beg Léguer 2021

Fassen wir zusammen: Die Bretagne ist auch im September sehr schön. Die Temperaturen bei durchweg frischen 18-22 Grad; fast immer sonnig oder sonnig-bewölkt; nur zwei oder drei Regentage bzw. -nächte; mit außergewöhnlich (anhaltend) starkem Wind muss gerechnet werden.

Im September noch weniger Touristen als Ende August. Sehr sehr wenige Ausländer; wenn überhaupt, dann nur vereinzelt Deutsche, Holländer, auch Belgier und Schweizer. Die Amis bleiben seit längerem weg, die Briten seit zwei Jahren. Vor einigen Jahren kamen zum Saisonende immer wieder Italiener oder Spanier, diesmal: keine. Die Osteuropäer (Tschechen, Ungarn, auch Polen) haben in den Nullerjahren vielfach die Bretagne erkundet, jetzt sind sie nicht mehr zu sehen (natürlich außer Lkw-Fahrer).

Es heißt: Viele Franzosen haben diesmal im Inland, nicht zuletzt auch in der Bretagne Urlaub gemacht (statt Spanien, Outre-mer-Inseln, Nordafrika usw.). Mehr Camping und Mobilhomes statt Hotels/Pensionen. Kürzere und spotanere Urlaube.

Die Restaurants haben wieder Normalbetrieb. Strenge Passe-Sanitaire-Regeln. Gut ausgebucht (fast überall ist das Reservieren nötig). Andererseits weigern sich Bar-Café-Betreiber, den Passe Sanitaire zu kontrollieren (Pflicht! erhebliche Strafgelder) und machen deshalb freiwillig ihre Kneipe zu!! (Diese Haltung findet man übrigens auch bei medizinischem und Pflegepersonal, auch bei Physios usw.: Sie kündigen bzw. machen ihre Praxis dicht!). Die Meinungsverschiedenheiten und Konflikte sind - hinsichtlich der "Lagerbildung" – gleichwohl politischer

als bei uns. "Schwurbler" spielen eher keine Rolle, und z.B. bei den Aktionen gegen den Passe Sanitaire wird in den Medien "sorgfältig" vermerkt, ob es sich eher um eine Demo aus dem linken oder aus dem rechten Lager handelt.

Die BTW-Wahl hat in der Presse keine Rolle gespielt. Nur kurz vor dem Wahltag gab es hie und da Hymnen auf Angela Merkel – Tenor: "Ein ostdeutsches Mädchen wurde Mutti der Deutschen". Die Franzosen (= politische Klasse &Medien) sind bereits mit den startenden Kampagnen (Kandidatenauslese, Primaires, Parteien-Verbindungen, Bewegungsströmungen...) für die Präsidentschaftswahlen 2022 beschäftigt.

Die ersten Wochen der neuen Fußballsaison sind von Gewaltexzessen in den Fankurven geprägt, insbesondere wo Derbys stattfinden (Lyon-

St. Etienne; Nizza-Marseille; Lens-Lille; Straßburg-Metz...). Außerdem will ein kambodschanischer Prinz den diversen milliardenschweren arabischen, russischen und französischen Klubbesitzern Konkurrenz machen. Und: Frankreich leidet unter den schlechten Leistungen der "Bleus". Deschamps wackelt noch nicht, aber "stabil" ist etwas anderes.

Zum Glück hat Alaphilippe gerade erneut die Rad-WM gewonnen. Und: Die Bretagne bleibt eine Radlerregion. Im September finden dort in fast jedem kleinen Nest Radrennen statt – von den Minis ab sechs Jahren bis zu den Veteranen um die 70, in vielen Leistungs- und Altersklassen. Und immer wieder zu betonen: Die Franzosen – auch, ja insbesondere die Lkw-Fahrer – nehmen Rücksicht auf Rennradler! Ich fühle mich dort wesentlich sicherer als auf unseren Bundesstraßen. Etwas Vorsicht ist geboten, wenn Handwerker um die Mittagszeit zum Essen rasen.

Ein großer Unterschied zum Sommer 2020: Es können wieder leichter Sehenswürdigkeiten besichtigt werden; es finden Kunstausstellungen statt; das Leben auf den Märkten normalisiert sich. Immer mit Maske! Konzerte (auch kleine) sind noch eher selten.

Manche schöne Altstadtgasse (z.B. in mittelgroßen oder Kleinstädten wie Lannion oder Tréguier) ist von Leerstand zahlreicher Läden, aber auch der absolut modernisierungsbedürftigen Wohnetagen gezeichnet. Andererseits: Es gibt immer wieder (junge) Leute, die in Paris oder Rennes ihren Job schmeißen und die Eröffnung einer Kneipe mit Kulturprogramm, eines Buchladens oder einer abgelegenen Crêperie wagen – und in der Regionalzeitung groß vorgestellt werden.

Ein Letztes: Wir sind nach unseren langen Wochen immer wieder irritiert und schnell gestresst, wenn wir bei Saarbrücken wieder heimatlichen Asphalt befahren: In Frankreich Höchstgeschwindigkeit 130 km/h auf Autobahnen, 110 km/h auf mehrspurigen Schnellstraßen, 90 km/h auf Landstraßen. Sehr angenehm. Dazu zunehmend 30-km/h-Zonen in Städten sowie bei uns Ausbau der Radinfrastruktur (Radwege oder besonders gekennzeichnete Spuren).

Beg Léguer (Côte de Granit Rose)

Man sieht es: Der (erste) Corona-Sommer. Alles in allem machbar. Masken in Geschäften (und beim Betreten von Restos) Pflicht, dann (nachdem Paris oder die Präfektur oder die Gemeinde) ein Machtwort gesprochen hat, auch auf größeren Märkten und stark frequentierten Wegen (Küstenwanderweg oder Altstadtgassen usw.). Die meisten Menschen halten sich daran. Mit den Abstandsregeln haben es die Franzosen dagegen nicht so (die mit der Küsschen-Küsschen-Kultur verbundene körperliche Nähe lässt sich – auch ohne Küsschen-Küsschen – nicht so leicht abschütteln; die "distanzierteren" Deutschen haben's da leichter). Wegen all dieser Umstände war dieser Urlaub – der dritte in dieser Ecke – diesmal noch geruhsamer: Petra am Strand (morgens natürlich mit Luzy, der alten Hündin; Wasser: 16°), ich ab und an auf dem Rad. Öfter sehr gut essen (Hummer!), Viel gelesen. Die sehr erträglichen Temperaturen (immer rund um die 20°!, nur zwei oder drei Volle-Sonne-Tage) genossen. Keine ausführlichen Stadtbummel, Marktbesuche u.ä. Der  gemeinsame Ausflug: der Skulpturenpark in Ploumanac'h, sehenswert. Übrigens: Außergewöhnlich wenige ausländische Touristen (D, NL, GB, CH), einige Belgier, Franzosen wie üblich. Wieder sehr schöne Ferien.

Sables d'Or im  Winter

Die Küste zwischen Saint-Malo und Saint-Brieuc ist in den Wintermonaten noch ländlicher und weniger besucht als in der Hochsaison. Das sei betont, weil selbst im Juli und August, von wenigen Badeorten abgesehen, die rund 100 Kilometer zwischen der weltberühmten Korsarenstadt und der Hauptstadt des Departements Côte d'Amor mehr von Sommerfrische, Familienurlaub und kleinen Dörfern geprägt sind als von überfüllten Stränden, Touristennepp und Betonburgen. Die Tage an der Côte d'Emeraude und der Côte de Penthièvre lassen sich im Winter in aller Ruhe und bei vergleichsweise milden Temperaturen (Schnee ist selten und wird sofort auf Fotos gebannt!) genießen. Ein weiteres Plus: Unsere Lieblingslokale rund ums Cap Fréhel und Sables d'Or haben auch zu dieser Jahreszeit geöffnet: Das Relais Saint-Aubin  bei Erquy und die Auberge du Manoir in Saint-Potan. 


Fundstück: Nie mehr Brest

... Noch in zehn Jahren wird sie den Tag erwarten, an dem ich wieder zu ihnen ziehe. Aber dieser Tag, Mutter, dieser Tag wird nie kommen, nie, hörst du? Und schon gar nicht jetzt, nicht nachdem ich den ganzen Familienmüll sorgfältig auf meinen Pariser Schreibtisch geleert und einhundertfünfzig Seiten über meine Familie vollgeschrieben hatte, schon gar nicht jetzt würde ich nachgeben. Im Gegenteil, eben weil ich diese Geschichte hinter mich gebracht hatte, dachte ich, dass es in diesem Jahr doch ausnahmsweise möglich wäre, Weihnachten mit der Familie zu verbringen, erst jetzt, da ich beendet hatte, was ich schließlich doch meinen '"Familienroman" nannte, könnte ich den Zug in die Gegenrichtung nehmen, von Paris nach Brest, als ob nichts geschehen wäre ...   

(Tanguy Viel, Paris–Brest, 2009: deutsch: Paris–Brest, Wagenbach 2010)


Rezept: Crêpes

Das folgende Hausrezept stammt – wie die einleitenden Bemerkungen – von  Karl und Francoise Rüdele (merci nach Beg Léguer!).

Crêpes werden traditionellerweise mit Buchweizen hergestellt (wegen seiner dunklen Farbe auf Französisch „blé noir“, schwarzes Getreide, oder wegen der ursprünglichen Herkunft aus dem Orient „sarrazin“ genannt). Blé noir wurde seit dem 14. Jahrhundert überall in der Bretagne angebaut, da er selbst auf armen Böden einen guten Ertrag brachte. Vor allem aber schätzten die Bretonen, dass man für die Ernte der Buchweizenkörner keine Steuern bezahlen musste (Blé noir zählte als Knöterichgewächs nicht zu den abgabenpflichtigen Getreidesorten).

Zutaten für zwölf Crêpes: 250 gr Mehl, drei Eier, 1 Messerspitze Salz, 2 EL Zucker, ½ Liter lauwarme Milch, Butter zum Backen.

Zubereitung: Den dünnflüssigen Teig etwa 30 Minuten (gerne auch etwas länger) ruhen lassen. Danach den Teig (auf einer Crêpière, die in deutschen Haushalten sehr selten sein dürfte, oder) in einer flachen Pfanne dünn verteilen und ausbacken, bis er eine goldbraune Farbe erreicht. Übrigens: Für die (süßen) Crêpes kann auch das leichtere Weizenmehl verwendet werden, vor allem dann, wenn man vorher (deftige) Galettes aus dem dunklen Buchweizenmehl gegessen hat.

Die Crêpes können beliebig garniert werden: Klassisch mit Butter und Zucker („beurre-sucre“) oder mit flüssiger Schokolade oder mit Brombeermarmelade und Schlagsahne (ein Gedicht!) oder mit Vanilleeis und Orangelikör (flambiert?) oder mit Vanilleeis, Mandelsplittern, Schlagsahne und in Rum getränkten Rosinen. Die Crêpes lauwarm servieren. Bon appétit!

 


Fundstück: Tréboul nirgendwo

… Kurzum, unsere Franzosen nehmen uns mit nach Tréboul zum schönsten Strand der Bretagne, wie sie meinen, wohl weil „unser Franzose“ vor vielen Jahren, wie er mir ins Ohr flüstert, mit einer „bildschönen“ Studentin in Tréboul weilte, während „unsere Französin“ meiner Frau unter Wahrung der äußersten Diskretion anvertraut, sie sei einmal „in Begleitung“ hier gewesen. Also fahren wir nicht an einen Ort, das kleine Tréboul mit seinem eher niedlichen Strand zwischen zwei felsigen Landzungen und ein paar hingewürfelten Häusern, von denen eins sogar nach Hotel aussieht, nein, wir fahren an zwei Orte, die miteinander nichts gemein haben, das Tréboul im Kopf „unseres Franzosen“ und das Tréboul aus den schönsten Erinnerungen „unserer Französin“. Wobei mich einzig und allein interessiert, in welchem Verhältnis der Strand von Tréboul zu dem von Cabourg steht, weiter im Norden, wo Proust mehrere Sommer verbrachte und den er mit seinem Schreiben in einen Ort verwandelte, der sich auf keiner Landkarte findet …

(Bora Cosic, Rasulo 1991; dt.: Im Zustand stiller Auflösung, Schöffling & Co. 2018)

 

 

Rezept: Far Breton

Ein Klassiker. Eines meiner Lieblingsdesserts (das auch außerhalb der Reihe – z.B. als Kuchen am Nachmittag – genossen werden kann). Wer den Far nicht kennt und eine grobe Orientierung benötigt: irgendwo zwischen (festem) Pudding und einem mächtigen Käsekuchen.

Hier die Zutaten und gleich die Zubereitung: Vorweg Backpflaumen (nach Wunsch!) in Rum, Armagnac o.ä. einweichen. Jetzt aber. Gesiebte 200g Mehl, 120g Zucker und eine gute Prise Salz in einer Rührschüssel mischen, eine Kuhle bilden, sechs Eier dazugeben; nun wirklich gut verrühren. Einen Liter Milch (und darin: 50g Butter) erwärmen und dann nach und nach in kleinen Portionen zum Teig geben, gut unterrühren. Das Ganze in eine gebutterte Backform (Springform, aber dicht!) oder Auflaufform, 150g Backpflaumen dazu geben (und leicht versinken lassen).

Vorgeheizter Backofen (180°). Eine Stunde Geduld haben. Lauwarm oder kalt genießen! Bon appétit! (Reicht für sechs Personen; wenn ich dabei bin, auch mal nur für vier.)